Nachhilfe Projekt – Centro de Educación

Lange Zeit schien in der Stadtverwaltung kein Kind des Barrio Gottchalk auf, weshalb es auch kein Recht auf einen Schulplatz hatte. Die Schulen, die ungefähr zwei bis drei Kilometer vom Barrio entfernt liegen, sind Primarschulen, die bis zu 45 Kinder in ein Klassenzimmer pferchen und zu unterrichten versuchen. Wie groß hierbei der Lernerfolg ist, ist wohl nicht schwierig zu sagen. Kann ein Kind für ein paar Wochen nicht kommen, so fällt es aus der Klasse heraus und verliert seinen Schulplatz und kann sich nicht darauf verlassen, dass es im nächsten Jahr wieder einen Platz bekommt.

Ohne Schuluniform, die aus einem weißen Mäntelchen und ordentlichem Schuhwerk besteht, finden die Kinder ebenfalls keinen Einlass, auch die Schulmaterialien sind für viele Eltern einfach zu teuer, weshalb die meisten Kinder im Barrio zu Hause bleiben.

Viele Eltern bedauern diesen Umstand, sind aber oft auch gleichzeitig froh, dass sie so eine Arbeitskraft mehr im Haushalt haben oder auch jemanden, der Früchte oder selbstgebackene Süßigkeiten auf der Strasse verkauft. Bildung wird von vielen Eltern eher als zweitrangig eingestuft, da sie oft selbst Analphabeten sind oder ihr Wissen nicht mehr praktizieren.

Somit ist es auch schwierig, die Kinder für das Lernen zu begeistern, wenn sie von Zuhause weder gefördert, noch darin unterstützt werden.

Unter anderem setzt genau hier unser Nachhilfeprojekt an, nämlich in der Bewusstseinsbildung der Eltern und Kinder.

Seit März 2003 erhalten die Kinder viermal wöchentlich von den Studentinnen Lorena und Sonia insgesamt 12 Stunden Nachhilfeunterricht. Nachhilfe ist dringend angebracht, da manche Kinder mit 8 Jahren weder wissen, wie man eine gerade Linie mit dem Stift zieht geschweige denn wissen, wie viel 3+5 ergibt.

Die Mehrzahl der Kinder leidet an enormen Lernschwierigkeiten, weil ihre Unterernährung, vor allem in der frühen Kindheit grobe Schäden und Verzögerungen in ihrer Entwicklung verursachte. So bereitet ihnen das Merken von Lerninhalten, also das Speichern im Langzeitgedächtnis große Mühe und nicht selten auch Frustration, weshalb viele dann auch die Schule wieder verlassen.

Die Studentin Sonia unterrichtete die Kinder bereits schon freiwillig und konnte schon einige Erfolge erzielen. Sergio lernte zum Beispiel lesen und schreiben, was man ihm in der Volksschule auch im zweiten Jahr nicht hatte beibringen können. Lorena und Sonia erhalten von der Organisation einen kleinen Gehalt und sind dafür die Verpflichtung eingegangen, während des ganzen Schuljahres regelmäßig die Nachhilfestunden abzuhalten.

Die meisten Arbeitsmaterialien, wie Hefte und Schreibzeug kommen aus Österreich, konkrete Arbeitsunterlagen fehlen ihnen weitgehend noch bzw. sind selbstgemacht. Für die Zukunft schwebt uns eine kleine Bibliothek vor und ein Räumchen mit Tafel, Bänke und Tische.

Durch Bildung soll den Kindern die Chance auf ein besseres, und das bedeutet für uns vor allem auf ein mündiges und selbstbestimmtes Leben ermöglicht werden.

Motivation, Geduld und großes Einfühlungsvermögen sind so für den Unterricht der Kinder notwendig.

In weiterer Zukunft ist auch geplant, die Erwachsenen zu alphabetisieren und regelmäßige Versammlungen mit ihnen zu organisieren, um lebenspraktische Kenntnisse wie Ackerbau, Brotbacken, Tierzucht, Nähen zu vertiefen.